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Das präsentierte pädagogisches Fallverstehen nutzt viele Anhaltspunkte

„Das war ein Jahr später … ‚Ich Liebe Rechnen‘“

Die Schulleiterin Maria T. suchte sodann in der Mappe blätternd solange, bis sie Folgendes gefunden hat:

Bf: Das war ein Jahr später im Oktober [Blatt 18.10.2013: ‚Land Des Rechnens‘], das hat sie – dazugeschrieben, „ich liebe Rechnen“ – und hat ein ganzes Rechenblatt gemacht, (Clip3, Audio-Transkript, Abs. 15).

Abbildung 22: Blatt 18.10.2013: ‚Land Des Rechnens‘; verkleinert

Zunächst hebt Maria T. den Zeitraum, den Erna für den nunmehr manifestierten und auch reflektierten Fortschritt gebraucht hat, hervor: „Das war ein Jahr später“. Sodann erwähnt sie die innige Beziehung, die Erna mittlerweile zu Rechnen schriftlich ausdrückt, indem sie deren Satz zitiert: „ich liebe Rechnen“. Und schließlich hebt sie hervor, dass Erna das gesamte Blatt selbst „gemacht“ hat: „ein ganzes Rechenblatt“. Dann führt Maria T. weiter aus:

Bf: weil sie einfach draufgekommen ist, wie das mit den Stellenwerten ausschaut, wie das mit den Hundertern und Zehnern ist, – und da hat sie einen richtigen Flow ghabt, und hat nur mehr gerechnet und gerechnet, und hat da gleich so ein Blatt – erzeugt „ich liebe Rechnen“. Das heißt, ein Jahr später ist Rechnen – ah zu einem Gegenstand geworden, ja wo sie, wenn sie sicher war, gearbeitet hat. Wenn sie unsicher war, hat sie verweigert und ist normalerweise schnell in Krankheit geflüchtet (Clip3, Audio-Transkript, Abs. 15 und Abs. 16).

Mit knappen Worten („einfach draufgekommen“) charakterisiert also Ernas Schulleiterin Maria T. die Weiterentwicklung des Mädchens zwischen Unsicherheit und Flow.

Die Wende von der Unsicherheit zum „Flow“

Im Flow ergreift Erna die Gelegenheit, ihren Fortschritt („wie das mit den Stellenwerten ausschaut“) in einem Reflexionsblatt darzustellen, und somit auch zu festigen, indem sie sowohl Aufgabenstellungen erfindet, als auch Lösungen erarbeitet („sie […] hat ein ganzes Rechenblatt gemacht“).

Allerdings geht aus der Formulierung – „Wenn sie unsicher war, hat sie verweigert und ist normalerweise schnell in Krankheit geflüchtet“ – nicht klar hervor, ob mit dem hier gezeigten „Flow“ diese Unsicherheit bereits nachhaltig ‚verflogen‘ ist, oder aber – aus noch nicht geklärter Angst (?) – auch wieder Verweigerung und Flucht in Krankheit aufgetreten sind.

Selbstvergewisserung in der Logik (im Verstehens-Modus) der Praxis

Es ist interessant zu erfahren, wie in der notwendigerweise ‚raschen‘ Logik der Praxis (der Schülerin Erna und der Pädagogin Maria T.) eine Selbst-Vergewisserung von Lernen und Bildung (also von vorgegebenem Wissen und eigenständigen Lösungen) praktisch an Kolonnen von Aufgabenstellungen überprüft wird. Außerdem sind die Aufgabenstellungen anscheinend in unterstützender Absicht in ansteigender Komplexität. Die ‚Korrekturen‘ sind eher ermunternde Rückmeldungen als Leistungsfeststellungen.


(Weiter zu: Überprüfungs-Blatt 25.11.2013: ‚Im Hunderter kenne ich mich aus‘)