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Ein kleines Segment als Schlüsselstelle? – Und eine ‚stille Annahme‘ dazu

(Davor: Das Bildganze – Zwei sehr verschiedene Bildsegmente)


Für eine Schlüsselstelle halte ich das ziemlich kleine Bildsegment aus Blatt 24.09[.2012], das die Vier-Personen-Gruppe ausgeschnitten und vergrößert zeigt (siehe Abb. 14).

Abbildung 14: Vier-Personen-Gruppe; Bildsegment aus Blatt 24.09[.2012], vergrößert

Zum einen hatte ich die genaue Analyse dieses Bildsegments wegen der Vermutung, hier läge der Schlüssel, lange aufgeschoben, um nicht unerfahren zu falschen Ergebnissen zu gelangen. Zum andern hat sich eine Vermutung bezüglich der Hände des Mädchens in Rot zu einer ‚stillen Annahme‘ nach und nach verfestigt. Dies hielt ich für zwei gute Gründe, mit besonderer methodischer Sorgfalt vorzugehen.

Allerdings war zu dieser Zeit strenger Lockdown. – Also habe ich mit einer arbeitsteiligen Fernrekonstruktion per Mailexperimentiert, was unverhofft die Chance zu ungewöhnlicher, methodisch nützlicher Langsamkeit eröffnet hat:

Dazu habe ich Interpretations-Geschichten zu einer Auffälligkeit in Blatt 24.09[.2012],die im Bildausschnitt zur Vier-Personen-Gruppe hervorgehoben wird (siehe Abb. 14), schriftlich eingeholt. Auch eine Gesamtansicht des Blattes wurde mitgeschickt (siehe Abb. 11).

In der Erzählaufforderung wurde auf eine Merkwürdigkeit im Blatt 24.09[.2012] mit der Formulierung hingewiesen:

Alle scheinen zu lachen und zu winken – allerdings hat es den Anschein, dass das größere der beiden Mädchen im Bild nicht winkt, und die Hände gar nicht zeigt.

Oder kurz gesagt: „Eine scheint nicht zu winken“.

Mit diesem Erzählimpuls wollte ich in Erfahrung bringen, was unterschiedliche Interpret*innen, die nicht miteinander in Kontakt standen, und die in unterschiedlichem Ausmaß über das laufende Forschungsprojekt informiert waren, zu dieser Merkwürdigkeit im Bild sagen würden. Die bis zu diesem Zeitpunkt heimliche Annahme, wonach es sich bei dieser Merkwürdigkeit um eine Schlüsselstelle zur Klärung meiner Forschungsfrage handeln könnte – diese ‚stille Annahme‘ – sollte nun endlich ausgesprochen und abgeklärt, also auch überprüft werden.

Meine ‚stille Annahme‘ zu Abbildung 14 (Vier-Personen-Gruppe; vergrößert) lautete: So – indem sie nicht winkt – zeigt das Mädchen ihre Autonomie.

Während die Geschichten per Mail eingeholt worden waren, erfolgte die Auswertung der Geschichten von mir in Einzelarbeit, die dann in einer Forschungswerkstatt besprochen wurde.


(Weiter zu: Drei Methodenschritte strukturieren diese fokussierte Rekonstruktion)