Rückblende
– Das große Problem – von der Erna – war die Mathematik, und das Blatt hat sie auch selbst hineingegeben, das heißt das ist am 29. Oktober in der ersten Klasse passiert, (siehe Blatt 29.10.2012(Übung 2-1=), Clip3, Audio-Transkript, Abs. 12)
In der Erzählung der Schulleiterin werden Blatt 29.10.2012 ebenso wie Blatt 10.10.2012 in Form einer Rückblende, die von Blatt 31.10.2012 ihren Anfang genommen hat, aufgerufen. Man kann demnach annehmen, dass die Schulleiterin die Entwicklung des Kindes einerseits an Hand der Blätter, in jener Sammlung, die das Kind selbst angelegt hat, vor- und zurückblätternd, sich erinnernd erzählt, und andererseits die Erzählung auf diese Weise auch illustriert.

Die Pädagogin Maria T. entfaltet – offen bleibende – bildungsbiografische Erzählung weiter
Aber Maria T. benutzt die jeweiligen Bilder nicht nur als Erinnerungsstütze oder Illustration für eine festgefügte Erzählung, das wäre dann womöglich eine eingespielte und ‚wissende‘ Legende im Gegensatz zu einer grundsätzlich offen bleibenden Biografie eines Lebenswegs, der noch in Entfaltung ist.
Vielmehr ist Maria T.s bildergestützte Erzählung deutungsoffen, sowohl was die Einschätzung und Wiederbetrachtung der präsentierten Bilder und des daran beteiligten pädagogischen Hintergrundkonzepts betrifft, als auch im Hinblick auf die erzählte Bildungsbiografie Ernas. Maria T. zeigt sich selbst interessiert am weiteren Fortgang dieser Geschichte, deren Entfaltung sie nur bis zu einem gewissen Stadium miterlebt (hat), denn vor Ernas Schulzeit hat sie das Mädchen nicht gekannt (siehe Kapitel 3.7, Clip3, Abs. 7). Mehr noch: Durch das Implementieren des von ihr entwickelten Konzepts ‚Kompetenzmappe‘ erfährt Maria T. im Präsentieren einer befüllten Kompetenzmappe einen ‚Entwicklungsstand‘ einer Schülerin, der sich – wie könnte es anders sein, solange das Leben weitergeht – noch oft verändern wird. Zumal die Proponentin Erna zum Zeitpunkt der Präsentation der Mappe, und somit auch der Erzählung zu ihrer Bildungsbiografie, gerade erst zehn Jahre alt wird. Ihr persönlicher Schul- und Bildungsweg ist noch lange nicht abgeschlossen, und somit auch ungewiss und zukunftsoffen.
Während methodisch zuvor in Kapitel 2 eine kontextfreie wissenschaftliche Rekonstruktion der werkimmanenten Prägnanz und der autonomen Selbstaussage der Reflexionsblätter eines Kindes im Vordergrund standen, rückt nun der dem jeweiligen Blatt externe Kontext viel stärker ins Zentrum einer bildungsbiografischen Erzählung der Pädagogin Maria T., also einer Bildungspraktikerin.
Diese – in Relation zu den blattimmanenten Kontexten – externen Kontexte waren in Kapitel 2.7 bei der Sichtung weiterer ‚früher‘ Blätter (vom September und Oktober 2012, als das Mädchen gerade sechs Jahre alt war)noch weitgehend weggeklammert.
Bei beiden Betrachtungsweisen (ohne oder mit externem Kontext) ist es bislang nicht zu einer (ausdrücklichen) Klärung der Ursache, weder der allgemeinen Angst noch jenes (konkreteren) Problems mit Mathematik, gekommen.
Was macht die erfahrene Praktikerin also? Sie stellt das Problem unter Beobachtung, stellt Relationen zu weiteren Beobachtungen und Einschätzungen aus dem Schulleben sowie zu genaueren Analysen einzelner Blätter in Aussicht. Schließlich verweist sie auf Lösungsansätze, die Mut machen. Insgesamt lebt die Pädagogin eine Haltung der Zuversicht und des Zutrauens vor, ergänzt um eine eigenständige Empirie. Die Mappe, gefüllt mit Reflexionsblättern der Grundschülerin Erna bildet eine wichtige Grundlage dafür.
Maria T. erzählt (unter Verweis auf das ‚große Problem Mathematik‘) also Ausschnitte der Bildungsbiografie ihrer jungen Schülerin Erna, einerseits anhand von Reflexionsblättern, die als autonome Werke für sich sprechen, andererseits aus ihrer Erfahrung aus dem Zusammenarbeiten und Schulleben mit Erna.
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