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Vorblick auf den Zugang zu einem weitreichenden Paradigma (6.1)

In diesem Kapitel werden einerseits Schlüsselbegriffe (und einfache Modelle) dieser Studie, welche auf der Methodologie der Objektiven Hermeneutik beruhen, möglichst systematisch aufeinander bezogen ausgewiesen. Andererseits sollen Quelltexte, die den Anspruch dieser Methodologie in ihrer von Ulrich Oevermann grundgelegten Urversion belegen, in der Ausführlichkeit eines terminologischen Glossars zugänglich gemacht werden. Entstanden ist diese Sammlung relativ früh im Forschungsprozess, als ich als (werdender) Forscher um eine konstitutionstheoretisch klar ausgewiesene und in ihrer Fundierung gleichzeitig überprüfbare wissenschaftliche Methodik und Position gerungen habe. Auf eine alphabethische Anordnung oder ein entsprechendes Verzeichnis habe ich verzichtet, ich habe sie selbst bei der eher seltenen Nutzung des Glossars nicht vermisst. Vielleicht deswegen, weil ich zunehmend dazu übergegangen bin, die methodologischen Begriffe im Hauptteil der Studie ohnehin in Anwendung auszuführen und im Konkreten zu reflektieren.

Die Schlüsselbegriffe der Objektiven Hermeneutik sind so allgemein und abstrakt wie möglich gehalten, sodass sie im Zuge des Analyseprozesses zur Entwicklung sowohl eines angemessenen methodischen Vorgehens als auch zum Formulieren von Strukturerkenntnissen beitragen, ohne diesem Erkenntnisprozess vorzugreifen (vgl. Oevermann 2004, S. 158).

Die Objektive Hermeneutik vermeidet sowohl ein technisches Methodenverständnis, wonach eine Methode automatisch eine Erkenntnis hervorbringe, als auch Subsumption, wonach Phänomene vorgedachten Begriffen bzw. Theorien unterzuordnen seien (Oevermann 2013a, S. 121f. sowie 2002, S. 17f.). Vielmehr stellen die im Folgenden ausgewiesenen Schlüsselbegriffe einerseits konstitutions- und erkenntnistheoretische Grundannahmen auf sehr allgemeiner Ebene dar, andererseits wird auch jene Logik verdeutlicht, die dann in der Methodik – angereichert mit bewährten Praktiken bzw. Prinzipien – zur Grundlage für die Praxis der methodischen Erschließung (Rekonstruktion) der konkreten Phänomene entlang entsprechender Problem- bzw. Fragestellungen wird. Die systematische Auseinandersetzung mit solchen Schlüsselbegriffen, die teils auch zu einfachen Modellen kombiniert werden, soll schließlich dazu beitragen, dass das Datenmaterial in einem konkreten Fallfokus durch Rekonstruktion in seiner eigenen Sprache und Struktur erschlossen werden kann.


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